Nichtoffener Realisierungswettbewerb "Klosterviertel" in Deggendorf

Bauherr/Auslober
Stadt Deggendorf

Planung
06/2019

ARGE Architekten
Bert Reiszky, Dipl.-Ing. (Univ.)
Architekt BDA, Stadtplaner, Deggendorf

Logo verde, Landschaftsarchitekten GmbH, Landshut
Ralph Kulak Dipl.-Ing (FH) Landschaftsarchitekt BDLA, Stadtplaner

Mitarbeiter
Philipp Loibl, Dipl.-Ing. Architekt
Anne Schlickewitz, Dipl.-Ing. Architektin
Markus Hansl, Bautechniker
Hamid Gohari, M. Sc. (FH), Städtebau

Beurteilung des Preisgerichts
Engere Wahl

Erläuterungen
„Tradition soll kein Ruhekissen sein, sondern ein Sprungbrett.“

Quartier für Kultur, Bildung, Soziales und Gesundheit
Die Klöster waren historisch nicht nur religiöse Zentren, sondern auch Garanten für Kultur, Bildung, Gesundheit und Soziales. Was liegt also näher, als das ehemalige Klosterviertel zu einem Quartier weiterzuentwickeln, in dem diese Werte auch zukünftig gepflegt werden?
Es ist auch ein Stadtteil, in dem besonders viele Kinder und Senioren zusammenkommen. Eine Stadt, die kinder- und seniorengerecht gedacht und gemacht ist, ist eine menschenfreundliche Stadt!
Das bestehende Kulturviertel wird um ein Schulzentrum aus Grundschule, Mittelschule und Realschule ergänzt. Die Schulen gruppieren sich an der Grünmagistrale vom Klosterberg zur Altstadt und nutzen diese zur autofreien Erschließung, für schulische Zwecke und zur Erholung.
Das Kulturviertel und das Schulzentrum bilden gemeinsam einen Bildungscampus. Die räumliche Nähe ermöglicht es, Synergien zu entwickeln und zu nutzen. Der Kapuzinerstadl als multifunktionales Ausstellungs- und Veranstaltungshaus bildet das Verbindungsglied und Zentrum des Bildungscampus.

Maria-Ward-Platz (West)

Die Zusammengehörigkeit und Bedeutung des Bildungscampus äußert sich stadträumlich mit der großzügigen Öffnung und dem prägnanteren Anschluss des Quartiers an die Altstadt durch die Aufweitung des Maria-Ward-Platzes.
Die Aufweitung stellt die historische Eingangsseite und Hauptfassade der ehemaligen Knabenschule, des jetzigen Stadtmuseums, frei. Das wertet diese schöne Gründerzeitfassade Deggendorfs deutlich auf und diese wiederum den Maria Ward-Platz. Damit schafft sie auch einen Dialog der historischen zu den zeitgenössischen Bildungseinrichtungen.
Durch die Aufweitung kann der Platz zusätzlich mit Läden und Gastronomie im Erdgeschoss des Studentenwohnens belebt werden.
Die Fahrspuren sind als getrennte Richtungsspuren nach Süden beidseits der bestehenden Tiefgarageneinfahrt verlegt. Der Platz wird höhengleich mit Pflaster über den östlichen Stadtgraben hinweg gestaltet um den klaren Vorrang für die Aufenthaltsqualität zu zeigen.
Der benötigte private Grundstücksanteil muss natürlich durch Tausch mit adäquatem Bauland im Quartier ausgeglichen werden.

Grünmagistrale

Die Grünmagistrale ist als großzügiger Fußgänger und Fahrrad-Boulevard das Rückgrat der autofreien Erschließung und bindet das gesamte Quartier über attraktive Fuß- und Radwege an die Altstadt an.
Sie ist kein Landschaftspark sondern ein Infrastruktur-Mosaik aus verschiedenen Freiflächennutzungen, die körperlichen Aktivitäten, der Gesundheit und Erholung dienen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Einrichtungen für Kinder und Senioren.

Zeitgemäße Bildungsgebäude

Die Schulen sind als kompakte Gebäude mit kurzen Wegen für flexible Unterrichtsformen gedacht. Sie erlauben Clusterstrukturen für Lernlandschaften.
Die Theodor-Eckert-Grundschule ist eine Inklusionsschule. Deshalb ist die Turnhalle direkt an- bzw. eingebunden. Auch dies gewährleistet kurze Wege und Zeitersparnis für die Kleinsten.
Schulen sind zu wertvoll, um sie abends und am Wochenende völlig ungenutzt zu lassen. Mit geeigneten Räumlichkeiten können sie zu kulturellen und sozialen Zentren der Stadtteile werden. Diese Schulen sind als „Stadtteilschulen“ vorgeschlagen, deren Räumlichkeiten z.T. auch als Stadtteilzentrum genutzt werden können.
Der Kindergarten ist bewusst am Fuß des Klosterbergs und beim Seniorenclub platziert um möglichst nahe am Naherholungsgebiet zu liegen und auch hier Synergieeffekte mit dem Seniorenverein zu ermöglichen.

Zeitgemäßes, innovatives Wohnen

Die Wohnbebauung ist auf gemeinschaftlichem Wohnen hin geplant. Der Pandurenweg trägt wenig Verkehr, was die Öffnung der Wohnhöfe nach Süden ermöglicht. Die Höfe nutzen das Gefälle und bilden Schollen, die sich nach Süden und Westen leicht aus dem Gelände heben.
Die westlichen Schenkel sind nach SW abgedreht und öffnen sich sowohl zum Geiersberg und zur Stadtpfarrkirche als auch zum Klosterberg. Die 4-geschossigen westlichen Riegel blicken jeweils über die 2 bis 3-geschossigen freistehenden Riegeln zum Klosterberg.
In den „Elephantenfüßen“ am Pandurenweg befinden sich Gemeinschaftseinrichtungen, im EG die Infrastruktur, darüber Gemeinschaftswohnungen mit großen Terrassen. In den zweigeschossigen Verbindungsbauten am Nordende können im EG Gemeinschaftsräume, im OG Gästeappartments, Co-workingräume o.ä. für die ganze Wohnanlage liegen.

Verkehr

Das gesamte Quartier innerhalb von Maria-Ward-Platz (Ost), Kapuzinergraben und Pandurenweg ist völlig frei von motorisiertem Verkehr.
Die Schulbusse und Lehrer-Pkw`s werden als Anliegerverkehr auf den Maria-Ward-Platz Ost geführt. Der Platz wird durch die Gestaltung des höhengleichen Platzbelages als Bushaltestelle optimiert. Die PKW-Stellplätze für alle drei Schulen (und Anliegerstellplätze) sind in einer Tiefgarage darunter untergebracht.
Der Individualverkehr verläuft im Kapuzinergraben und auf dem Pandurenweg, in denen auch ausreichend Besucherstellplätze vorgesehen sind. Der Kapuzinergraben wird verkehrsberuhigt ausgebildet und deutlich aufgeweitet um dem Seniorenheim, dem Betreuten Wohnen und der neuen Wohnbebauung ein adäquates Wohnumfeld zu schaffen.
Die Stellplätze für Wohnen und Gewerbe befinden sich in Tiefgaragen, die alle an den Kapuzinergraben und Pandurenweg angebunden sind. Die Wohnwege sind alle so befestigt, dass Sie Lieferverkehr und Rettungsdienste aufnehmen können.
Der Verzicht auf motorisierten Verkehr im Inneren des Quartiers erlaubt es, die Grünmagistrale ohne potentielle Konflikte mit motorisiertem Verkehr bis zum Kapuzinerstadl und weiter bis zum östlichen Stadtgraben zu führen.
Das gesamte Quartier ist von einem dichten Netz von Rad- und Fußwegen durchzogen, die Nutzungen innerhalb des Quartiers eng verknüpfen, Die Grünmagistrale und die Diagonale durch das Plangebiet bilden jeweils die Direttissima zum Stadtzentrum – auch für die zukünftige Wohnbebauung am Klosterberg.